Beim Fröscheküssen Lehm geschmeckt

Beispielhafte Baukunstaktion vereint unterschiedlichste Kinder und Jugendliche

Bunte Kuh
© Bunte Kuh e.V., Hamburg

Ohne die Unterstützung von Aischa hätte es Janine nie gepackt. Aischa war eben ein bisschen flotter und wusste, was sie wollte: einen Frosch. Keinen zum Küssen, denn Prinzen gab es ja genug. Nein, ein Frosch so groß, dass man auf ihm reiten konnte, sollte es werden. Und aus Lehm sollte er sein. Damit der Wunsch in Erfüllung gehen konnte, mussten die beiden neunjährigen Mädchen ein Modell kneten. Wo Augen und Beinchen des Tieres sitzen sollten, war eher Aischas Ding. Janine widmete sich mehr der Gestaltung der Oberfläche der kleinen Kröte. Aischa und Janine waren ein gutes Team. Ihre Unke erklomm in der Endausscheidung einen der drei vorderen Plätze. Und so wuchsen in den nächsten 12 Tagen im September 2008  ihr Frosch, ein Dinosaurier und ein Seestern zu überlebensgroßen, begeh- und bespielbaren Skulpturen heran. Geschaffen aus Lehm und von über 2000 Kinder- und Erwachsenenhänden. 

Kreativkilometer statt Einkaufsmeile 

Die öffentliche Baukunstaktion mit Lehm, Wasser und Feuer fand dabei nicht etwa auf freiem Gelände statt, sondern im Herzen der Stadt. Und zwar in Hamburg-Altona, das sich einst der „ersten Einkaufsmeile Deutschlands“ rühmte. Diese Meile, die inzwischen mit ökonomischen und sozialen Problemen ringt, wurde nun, initiiert vom Künstler Nepomuk Derksen, und mit finanzieller Unterstützung der IKEA Stiftung für drei Wochen zum kunterbunten Kreativraum. 

Jedes Kind findet seinen Platz 

Der seit 1985 bestehende Verein „Bunte Kuh e.V.“ kann sich mittlerweile vor dem Ansturm der Begeisterten, insbesondere von Schulen und Kitas, kaum retten. Ihr allererstes architekturpädagogisches Projekt wurde bereits 1986 von der IKEA Stiftung gerne unterstützt, zumal sich die Organisatoren bei der Ausrichtung ihrer Events auf soziale Brennpunkte wie Berlin-Kreuzberg oder Hamburg-Schanzenpark konzentrieren.

Die Aktionen werten jedoch nicht nur negative Images eines Stadtraumes auf. Sie führen vor allem Kinder und Jugendliche verschiedenster sozialer und kultureller Herkünfte spielerisch zusammen. Ob Kleinkind oder Grundschüler, farbig oder hellhäutig, Mädchen oder Junge, im Rollstuhl oder geistig behindert: Beim gemeinsamen Arbeiten an einem Werk gibt es keine Sprachbarrieren, Berührungsängste werden abgebaut, Teamgeist, Ausdauer und Geduld gefördert. Und so mancher kleine Lehmkneter entdeckt den Baumeister in sich. 

Die magische Klebkraft des Lehms 

Die Baukunstaktionen stärken kindliche Identität, Selbstwertgefühl und wirken sich positiv auf Materialwahrnehmung und Psychomotorik aus. Nepomuk Derksen sieht seine Arbeit als Investition in die Zukunft: Die Kinder von heute werden die Anwohner und Architekten von morgen sein. Architekturpädagogik, Gesundheitsförderung und Gewaltprävention sind in den fantasievollen, selbst erschaffenen Erlebnisräumen spielerisch integriert. „Räume durch Erleben entwerfen“ ist ein guter Beitrag, Kinder und Jugendliche an der Gestaltung ihrer baulichen Umwelt zu beteiligen.

Antragsteller: Bunte Kuh e.V., Hamburg
Projekttitel: Bauen mit Lehm für Groß und Klein