Vom Vogelsand zu Hydra

Die Genese eines Stuhls

Stip Hydra Stuhl
© Jörg Höltje, Berlin

Im Anfang war der Vogelsand und er war gut. Denn damit gefüllte PVC-Rohre lassen sich leicht biegen und formen – ideal, um Modelle zu bauen. So erinnert sich Jörg Höltje an die Entstehungsgeschichte des Stuhls „Hydra“, seiner Abschlussarbeit an der Universität der Künste Berlin. 

Dabei ging es ihm weniger darum, einen weiteren schönen Stuhl an den mit schönen Stühlen reich gedeckten Tisch der Designgeschichte zu stellen. Viel mehr ging es um aus der Natur abgeleitete Konstruktionsprinzipien, neuartige Materialien und Fertigungstechniken. „Ich untersuchte Strukturen wie Knochen, Gewebe und Zellen. Die drei Wirkprinzipien Wachstum, Leichtigkeit und Stabilität, die Pflanzen und Tieren ihre Form verleihen, waren die entscheidenden Leitmotive meiner Arbeit.“ Vorbilder finden sich in der internationalen Architekturszene wie zum Beispiel bei Frei Otto, dessen transparente Zeltdachkonstruktion für das Münchner Olympiastadion weltberühmt ist. 

Sitzt, passt, wackelt nicht 

Grenzen der Technologie, ästhetische Ansprüche und ökonomische Überlegungen kennzeichneten wesentlich den Entwicklungsprozess von „Hydra“. Im Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik in Chemnitz studierte Jörg Höltje verschiedene Techniken zur Materialverarbeitung: vom Aufschäumen metallischer Schäume über den Kunststoff-Spritzguss bis zur Fertigung von Lochblechmodellen. Letztlich fiel die Entscheidung für einen Stuhl aus hydroumgeformten Stahlrohren. Hydroforming hat das entscheidende Potenzial, Leichtigkeit und organisches Wachstum in ein stabiles Gebilde zu übersetzen. Es ermöglicht frei definierte Formen, die Energie und Material durch konsequenten Leichtbau einsparen. Kein Schweißen, passgenaue Verbindungen und weniger Komponenten verringern den Montageaufwand und verbessern Nutzungseigenschaften wie Umweltbilanz. Alles in allem: ein Stuhl, auf den man setzen kann.

Antragsteller: Jörg Höltje, Universität der Künste Berlin
Projekttitel: Diplomarbeit „Hydra“ – Genese eines Stuhls